Perspektiven

Schuldnerberatung für alle: ein verbraucherpolitischer Durchbruch

21. November 2025 16:08:42

Ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz regelt den Zugang zu Schuldnerberatung neu. Damit werde kostenfreie und qualitativ hochwertige Beratung für Millionen Menschen gesichert, schreiben die SPD-Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge und Nadine Heselhaus im Gastbeitrag.

Stempel mit Aufdruck Insolvenz vor fast leerer Geldkassette

Eine Privatinsolvenz kann ein Weg aus den Schulden sein.

Überschuldung ist eine drängende soziale Herausforderung, die längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland gelten als überschuldet, darunter besonders viele Arbeitnehmer*innen, Rentner*innen, Studierende und Alleinerziehende. Doch bislang hängt die Unterstützung vielerorts vom Wohnort oder dem sozialen Status ab. In manchen Kommunen ist die Beratung für alle kostenlos, anderswo nur für Empfänger*innen von Arbeitslosen- oder Sozialhilfe. Arbeitnehmer*innen und Rentner*innen bleiben oft ausgeschlossen. Als SPD haben wir diese Ungleichheit nie akzeptiert und uns seit langer Zeit für einen flächendeckend kostenfreien Zugang zur Schuldnerberatung eingesetzt.

Niemanden von Schuldnerberatung ausschließen

Ein zentraler Bestandteil des neuen Schuldnerberatungsdienstegesetzes ist die klare rechtliche Verankerung des Grundsatzes, dass Schuldnerberatung für alle Verbraucher*innen grundsätzlich kostenfrei sein soll. Dieses Prinzip stellt sicher, dass niemand aufgrund finanzieller Hürden von der dringend benötigten Beratung ausgeschlossen wird. 

Nur in sehr engen, besonders begründeten Ausnahmefällen erlaubt das Gesetz eine Kostenbeteiligung. Dann darf eine Gebühr erhoben werden, die jedoch ausschließlich zur Deckung der tatsächlichen Betriebskosten der Beratungsstelle dienen und keine unangemessene Belastung für die Ratsuchenden darstellen darf. Die Ratsuchenden müssen vorab transparent und rechtzeitig über mögliche Kosten informiert werden, damit sie eine bewusste Entscheidung treffen können. In der Praxis halten wir es für eher unrealistisch, dass von der Regelung Gebrauch gemacht wird, auch wegen des bürokratischen Aufwandes, der mit der Erhebung von Kosten einhergeht. Damit haben wir eine de facto kostenfreie Schuldnerberatung in Deutschland realisieren können.

Beratung muss seriös sein

Neben der klaren Formulierung zum Grundsatz der Kostenfreiheit haben wir im parlamentarischen Verfahren die Anforderungen an die Qualität der Beratung und die Qualifikation der Beratungskräfte im Gesetz konkretisiert. Auch das ist wichtig, damit Menschen in Not nicht an unseriöse Anbieter geraten. Außerdem schließt das Gesetz etwa Banken und Inkassounternehmen als Anbieter von Schuldnerberatungsdiensten aus.

Mit dem Schuldnerberatungsdienstegesetz, mit dem wir Vorgaben der neuen EU-Verbraucherkreditrichtlinie umsetzen, steht nun erstmals ein bundesweites Gesetz zur Verfügung, das den Zugang zur Beratung auf eine neue Grundlage stellt und den Flickenteppich zumindest teilweise auflöst. Die Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie bringt in einem weiteren Gesetz zudem neue Hinweispflichten für Kreditgeber, wodurch voraussichtlich mehr Menschen den Weg zu einer Schuldnerberatungsstelle finden werden.

Auch deshalb haben wir im Gesetzgebungsverfahren einen weiteren Aspekt vorangetrieben, und zwar die nachhaltige Finanzierung und Modernisierung der Beratungsangebote. Die Länder haben zurecht darauf hingewiesen, dass die Finanzierung ein wichtiges Thema für sie und die Kommunen ist. Schuldnerberatung ist in Deutschland seit Langem unterfinanziert. Ein begleitender Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen verpflichtet daher die Bundesregierung, gemeinsam mit den Ländern Konzepte für eine breite und zukunftsfähige Finanzierung der Beratungsstellen zu entwickeln, damit alle Betroffenen wohnortnah und zeitnah unterstützt werden können. Dazu gehört die eingehende Prüfung einer Beteiligung privater Gläubiger an der Finanzierung der Schuldnerberatung ebenso wie die Digitalisierung von Verfahren und die Modernisierung des Verbraucherinsolvenzrechts.

Staat unterstützt Menschen in akuten Krisen

Insgesamt unterstreichen wir mit dem Gesetz, dass der Staat an der Seite der Menschen steht, die in akuten Krisen den Weg zurück ins gesellschaftliche Leben suchen. Wir bauen damit auch auf den Fortschritten auf, die wir in der letzten Wahlperiode für die Schuldnerberatung erzielt haben. Seitdem fördern wir mit Millionenbeträgen verschiedene Projekte und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung als die Stimme von Betroffenen und Beratenden erhält dauerhaft Unterstützung aus dem Bundeshaushalt.

Das zeigt, dass unsere soziale Verbraucherpolitik einem roten Faden folgt. Die SPD ist die Kraft für soziale Gerechtigkeit in unserem Land, wir verlieren niemanden aus dem Blick und erleichtern mit unserer Politik den Alltag der Menschen.

Weitere Informationen zum Gesetz:
bundestag.de

Autor*in
Nadine Heselhaus Porträtfoto
Nadine Heselhaus

ist SPD-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Sprecherin der Fraktion für Recht und Verbraucherschutz

Autor*in
Carmen Wegge Porträtfoto
Carmen Wegge

ist SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecherin der Fraktion für Recht und Verbraucherschutz

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