Stichwahl in Köln: Wie Torsten Burmester Oberbürgermeister werden will
Am Sonntag schaut die SPD gespannt nach Köln. Denn die Partei könnte nach mehr als zehn Jahren mit Torsten Burmester das Rathaus in der Millionenstadt zurückerobern. Davon erhofft sie sich einen bundesweiten Auftrieb
Uta Wagner/vorwärts
Torsten Burmester will Kölner Oberbürgermeister werden.
Sie haben erzählt, dass sie Ihre Schuhen bereits seit den Olympischen Spielen 2024 in Paris besitzen. Sie begleiten sie durch den gesamten Wahlkampf. Wie geht es den Schuhen, halten sie noch durch bis zum 28. September durch?
Es ist erstaunlich, dass mich Menschen inzwischen nicht mehr fragen, wie es mir, sondern wie es meinen Schuhen geht, aber die Schuhe halten mindestens bis zum 28. September und bringen mich auch noch ins Rathaus.
Und wie geht es Ihnen?
Der Wahlkampf ist noch intensiver geworden. Ich erlebe aber eine große Unterstützung, weil klar wird, dass es um eine Richtungsentscheidung für Köln geht.
Darf man Ihnen eigentlich zum Einzug in die Stichwahl gratulieren?
Ja, das machen ganz viele Menschen. Das war das Ergebnis einer langen Reise. Ich wurde am 22. November nominiert, Anfang des Jahres lag ich in Umfragen auf Platz drei, im ersten Wahlgang wurde ich Zweiter und bei der Stichwahl werde ich Erster sein.
Sie haben gut sechs Prozentpunkte Rückstand auf Ihre Mitbewerberin Berivan Aymaz von den Grünen. Wie hoch ist die Hypothek?
Die Karten werden in der Stichwahl neu gemischt. Wir starten beide bei null und ich erlebe eine große Unterstützung. Hans Mörtter, ein unabhängiger Kandidat, hat sofort am Tag nach der Wahl gesagt, dass er mich unterstützt, und macht eifrig Werbung. CDU-Kandidat Markus Greitemann unterstützt mich auch. Ebenso Volker Görzel, der OB-Kandidat der FDP.
Wie wichtig ist diese parteiübergreifende Unterstützung für Sie?
Sehr wichtig, denn dieser Geist, parteiübergreifend Lösungen für Köln zu erreichen, soll auch in den Rat einziehen. Das soll auf einer möglichst breiten Basis geschehen, gut und sachlich vorbereitet durch mich als Oberbürgermeister. Deswegen werbe ich jetzt für mein Programm und mich als Person. Das kommt an.
Torsten
Burmester
Ich muss in einer Stichwahl diejenigen ansprechen, die noch unentschieden sind. Deswegen gehe ich jetzt insbesondere in die Außenbezirke.
Auffällig war im ersten Wahlgang, dass die Grünen vor allem in den Wahlbezirken in der Innenstadt vorne lagen und Sie eher in den äußeren Stadtteilen punkten konnten. Worauf konzentrieren Sie sich nun?
Ich muss in einer Stichwahl diejenigen ansprechen, die noch unentschieden sind. Das sind in erster Linie die Wählerinnen und Wähler, die der CDU nahestehen, die der FDP nahestehen, die Volt nahestehen und parteiunabhängige Wählerinnen und Wähler. Deswegen gehe ich jetzt insbesondere in die Außenbezirke.
Was sind dort die wichtigsten Themen?
Besonders wichtig ist, die Interessen der Veedel wieder ins Zentrum der Kölner Stadtpolitik zu rücken. Das hat sehr viel mit Wertschätzung und Akzeptanz zu tun. Es hat aber auch mit konkreten Veränderungen zu tun, wenn man sich anschaut, dass die Bildungsparameter zwischen der Innenstadt und dem Osten oder dem Norden der Stadt sehr unterschiedlich sind. Köln muss wieder eine sozial gerechte Stadt werden. Die rechtsrheinischen Veedel oder auch Chorweiler im Norden müssen wieder angebunden werden, mit Fahrradwegen und dem ÖPNV. Da haben wir gerade das Problem, dass die Linie 18 die Stadtteile Dellbrück und Dünnwald auf der rechten Rheinseite nicht mehr anfährt.
Im Wahlbezirk Chorweiler 3 hat SPD-Kandidat Mattis Dieterich mit 48 Prozent das stärkste Ergebnis aller Kandidierenden erzielt, auch für Sie war es der beste Wahlbezirk. Warum kommt die SPD im Kölner Norden so gut an?
In Worringen und im Norden ist es auch durch Präsenz zu erklären. Ich war viel mit Mattis unterwegs. Ich habe viel Tür-zu-Tür-Wahlkampf mit ihm gemacht in Blumenberg. Ich war beim Schützenfest, bei der Kirmes, Anfang des Jahres habe ich schon den speziellen Worringer Karneval mitgemacht. Das ist eine besonders herzliche Ecke Kölns. Deswegen bin ich da, aber auch in Porz, Kalk, in den Randbezirken Brück und Dellbrück unterwegs – überall da, wo jetzt noch unentschlossene Wählerinnen und Wähler sind.
Wie nehmen Sie die Stimmung im Duell mit Ihrer Mitbewerberin wahr?
Wir respektieren uns und sind fair im Umgang miteinander, aber in der Sache wird hart diskutiert. U-Bahn-Bau, Klimaschutz und insbesondere die Gleueler Wiese sind Themen, bei denen wir klar auseinander liegen. Ich bin überzeugt, dass eine U-Bahn in einem Tunnel in einer Millionenstadt richtig ist, wenn man den ÖPNV weiterentwickeln und die Veedel anbinden will. Ich bin auch der Überzeugung, dass man Klimaschutz sozial gerecht gestalten muss, weil er sonst nicht akzeptiert wird und damit ins Leere läuft, und dass Klimaschutz und Sport kein Gegensatz sind.
Torsten
Burmester
Ich will eine Lösung erreichen, die als Kompromiss tragfähig ist und den FC endlich weiterbringt.
Auf einem Teil der Gleueler Wiese, einem Teil des Kölner Grüngürtels, will der Fußball-Bundesligist 1. FC Köln neue Trainingsplätze errichten, was seit Jahren für Streit sorgt. Die SPD hat sich nun im Wahlkampf auf die Seite des FC gestellt.
Nein, wir schlagen uns nicht im Wahlkampf auf die Seite des FC, sondern wir haben uns immer dafür ausgesprochen, dass es endlich eine Lösung gibt, die dem FC seit mehr als zehn Jahren versprochen wurde. Der Kompromiss, den das bisherige Ratsbündnis vorgeschlagen hat, wurde von den Grünen boykottiert. Deswegen unterstützen wir den FC, der sich an seinem angestammten Traditionsstandort am Geißbockheim erweitern will.
Wie wahlentscheidend könnten die FC-Fans werden?
Darüber spekuliere ich nicht. Es ist wichtig, rational an die Sache heranzugehen. Ich will, ohne auf Ideologien und Egoismen zu schauen, eine Lösung erreichen, die als Kompromiss tragfähig ist und den FC endlich weiterbringt.
Wie wichtig wäre es als Signal für die gesamte NRW-SPD und auch für die Bundespartei, wenn die größte Stadt Nordrhein-Westfalens wieder von einem Sozialdemokraten regiert würde?
Das gibt Mut und Hoffnung für die Sozialdemokratie. Wir können wieder gewinnen.
Was machen Sie, wenn Sie die Wahl gewinnen?
Bis halb acht ausschlafen und dann in die Kooperationsverhandlung gehen.
Was sind da die wichtigsten Dinge, die Sie in den ersten 100 Tagen umsetzen wollen?
Wir müssen sofort beim Thema Sauberkeit und Sicherheit weiterkommen. Innerhalb der Verwaltung müssen Zuständigkeiten gebündelt und Abläufe schneller gemacht werden. Ich werde sofort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren, ihnen Verantwortung zurückgeben und sehr schnell beim Thema Mieterschutz etwas tun. Kölnerinnen und Kölner, die zur Miete wohnen, sollen keine Angst mehr haben müssen, dass Eigenbedarf angemeldet wird und sie aus der Wohnung geklagt werden oder dass sie eine Mietpreiserhöhung bekommen, die sie aus ihrer Wohnung zwingt.
DIRK BLEICKER
ist Redakteur des vorwärts im Berliner Vorwärts Verlag. Er hat Politikwissenschaft studiert.